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Julia-Mengen als Wahrscheinlichkeitswellen

Anhang I - Spontaneität versus Impulsivität

Die von Ralf Otte mittels einer hyperkomplexen Algebra vorgenommene Erweiterung der Quantenphysik zur Modellierung von Bewusstseinszuständen erlaubt in Verbindung mit buddhistischen Konzepten und Schwarmregeln die Beschreibung von Denkprozessen sowie der damit verbundenen Bewusstwerdung. In diesem Anhang wird gezeigt, welche Form von besonderen Handlungen sich aus dem Denkprozess ergeben können. Im Buddhismus werden hierbei 2 Formen von Handlungen unterschieden, die sich als Spontaneität oder als Impulsivität zeigen.




Im Hauptteil wurde gezeigt, wie Gedankenprozesse ausgehend vom Dharmakaya (Möglichkeitsfeld) über den Sambhogakaya (Transformationsfunktion) bis hin zum Nirmanayakaya (virtuelles Beobachtungsfeld) ablaufen können. Die zugehörigen Modelle im Buddhismus lassen sich durch das Zustandssystem der Drei Nen von Katsuki Sekida und auch durch ein Wellenmodell von Lama Angarika Govinda abbilden, die sich in den Iterationen bei Ralf Otte widerspiegeln (siehe hier insbesondere Abschnitt 9 - "Bewusstwerdung"). Die grafische Wiedergabe der Iterationen zeigt beim Gedankenprozess eine Vielzahl von Trajektorien, die mit den 17 Grundschwingungen zur Bewusstwerdung von Lama Anagarika Govinda korrelieren und die durch Kollaps im Sinne einer Art Rückspiegelung zu einem fortgesetzten Aufbau immer neuer, aber auch ähnlicher Gedankenprozesse führen können. Diese wiederholten Gedankenprozesse mit ähnlichen Trajektorien besitzen einen Charakter, der sich häufig als Schwarmverhalten von Gedanken interpretieren lässt (siehe ebenda Abschnitt 9).

Aus den unterschiedlichen Phasen im Wellenmodell (siehe Tabelle in Abschnitt 9) lassen sich das grundsätzliche Verhalten bzw. die Handlungen von Menschen (aber auch Tieren) ableiten. Aus einem Kollaps einer Welle im Sambhogakaya, die auch dem 2. Nen entsprechen, zeigt sich üblicherweise ein Verhalten, das nicht auf Überlegungen basiert, sondern meistens einem erlernten Gewohnheitsmuster entspricht. Beispiele hierfür sind Autofahren, Sprechen oder aber auch Fluchtverhalten vor Prädatoren. Bei einem Kollaps der Welle im Nirmanakaya, der dem 3. Nen entspricht, steht das analytisch-intellektuelle Denken im Vordergrund, das häufig zu überlegten Handlungen führt. Gedanken sind im Modell der 3 Nen immer mit Emotionen verknüpft, die allerdings in den bisherigen Beispielen hier in dieser Abhandlung noch nicht berücksichtigt wurden.

Bevor es aber zur Ausprägung von Emotionen kommt, entsteht blitzartig ein Moment mit einem Zustand der Verwirrung. Chögyam Trungpa sieht diesen blitzartig entstehenden Zustand als Konsequenz der Ausstrahlung von Energie aus der Grundschicht/Kunzhi/Möglichkeitsfeld/Dharmadhatu mit einer blind machenden Wirkung, die als Verwirrung oder auch als eine Art von Panik die erste Phase der Bildung eines Ich-Bewusstseins bildet. Die Panik/Verwirrung ist dabei das Ergebnis unterschiedlicher Geschwindigkeiten: zeitlos im Möglichkeitsfeld - verlangsamt im virtuellen Beobachtungsfeld. Der verwirrte Zustand basiert dann auf den zeitlich unterschiedlich ablaufenden Projektionen des Geistes beim Wahrnehmungsprozess gegenüber den ebenfalls vom Geist ausgelösten Handlungen, woraus bei allen Sinnesempfindungen permanent starke Verwirrungen im Hinblick auf das Wahrgenommene und dem sich bildenden Ich-Bewusstsein entstehen. Das Ergebnis ist dann eine Trennung bei der Wahrnehmung zwischen einem eigenen Ich und den wahrgenommenen Objekten. Dieser Prozess beschreibt den Ablauf zwischen dem 1. und 2. Nen bzw. der Transformationsfunktion von Ralf Otte mit dem Übergang zwischen Möglichkeitsfeld und virtuellem Beobachtungsfeld (siehe auch Abschnitt 5 "Simulationen").

Chögyam Trungpa beschreibt weiter, wie die Verwirrung ein scheinbares Etwas "geistig erschafft", wovon man geistig Besitz ergreifen kann, aber die Fallgeschichte, die dazu geführt hat, nicht zur Kenntnis nimmt, indem man sie ignoriert. Das Resultat ist Unwissenheit mit einem Ignorieren von Ignoranz, was zur weiteren Ausprägung des Ich-Bewusstseins führt. Dieser Zustand beginnt mit dem Auftreten des 1. Skandha (siehe auch Abschnitt 9 - "Bewusstwerdung") bevor sich das 2. Skandha bildet.

Bevor aber die typischen, allgemein bekannten Formen von Emotionen (z.B. Hass) entstehen, kommt es zur Ausprägung von Basisemotionen, die sich 3 Grundtypen zuordnen lassen. William S. Waldron nennt diese Basisemotionen angenehme Gefühle, unangenehme Gefühle und unbestimmte Gefühle. Chögyam Trungpa beschreibt, wie im 2. Skandha die Basisemotionen, aber auch damit verbundene Gedanken auf unmittelbare, impulsive Art sprunghaft sichtbar werden, wobei die beobachtende Funktion des Geistes (Beobachter genannt) versucht, die sich zeigenden Basisemotionen und Gedanken lückenlos zu beobachten. Als Folge dieses Beobachtungsprozesses in Verbindung mit Identifikationen, Erinnerungen und Bewertungen (Skandha 2-4) werden auch die eigentlichen Emotionen wie beispielsweise Hass, Ärger, Liebe usw. erfahrbar.

Diese prozesshafte Entwicklung von Emotionen entsprechen im Wellenmodell von Lama Anagarika Govinda mit den insgesamt 17 verschiedenen Einzelschwingungen (siehe auch Abschnitt 5 "Simulationen") den Schwingungen 6-15, die sich wiederum im Modell von Ralf Otte den Iterationen 6-15 der Transformationsfunktion zuordnen lassen. Der zugehörige zeitliche Ablauf von Wellen bzw. Iterationen ist bisher hier verborgen geblieben. Aus Beschreibungen Chögyam Trungpas kann man schließen, dass Teile des Prozesses gleichzeitig geschehen (in Analogie zur Quantenphysik mit zeitlosen nicht-energetischen Wellen des Möglichkeitsfeldes), während andere Abläufe mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten einhergehen, die zunächst im Millisekundenbereich liegen können und die dann im 3. und 4. Skandha schließlich im allgemeinen langsamer zwischen den Iterationschritten fortschreiten. Darüber hinaus kommt es zu zahlreichen Rückkopplungen/Rücksprüngen im Iterationsprozess, wie sie auch im Modell der Drei Nen von Katsuki Sekida beschrieben sind (siehe Abschnitt 8. "Attraktoren und Entscheidungsfreiheit"). Es ist denkbar, dass es hierbei zu zahlreichen Überlagerungen von Wellen kommt, die zu den oben genannten Verwirrungen führen.

Die folgenden zwei Beispiele, die aus den Graphen von Katsuki Sekida abgeleitet wurden, zeigen mögliche Formen von Überlagerungen beispielhaft mit 3 Phasen beim zeitlichen Fortschritt des jeweils höchsten Nen (zu den inhaltlichen möglichen Verknüpfungen der Drei Nen siehe Abschnitt 8. "Attraktoren und Entscheidungsfreiheit").

Der erste Graph zeigt den Wahrnehmungsvorgang ohne ein rückbezügliches Selbsterkennen eines Selbstbewusstseins. Eine derartige Abfolge von Nen ist bei einem Wahrnehmungsvorgang eines einfachen Säugetiers zu erwarten, aber auch beim Menschen möglich:



Aber bereits bei dem Vorhandensein eines 3. Nen, wie beim Menschen, entstehen sehr schnell komplexe Verbindungen und Überlagerungen:



Mit zeitlichem Fortschritt können allerdings Verknüpfungen auch wieder verblassen, was man mit Vergessen gleichsetzen kann, wobei nach Katsuki Sekida aber einzelne Nen nur einem scheinbaren Vergessen im Sinne einer geringer werdenden Energie des jeweiligen Nen unterliegen; derartige Nen können später erneut unbewusst Energien zugefügt werden, so dass sie im Bewusstsein dann erneut aktiv werden können, z.B. Trauma-Geschehen). Dieses Schaubild der 3 Nen mit ihren Verknüpfungen symbolisiert auch, wie die von Chögyam Trungpa beschriebene Verwirrung entstehen kann, bei der das Bewusstsein sich ein eigenes Weltbild konstruiert, das einer allgemeingültigen Realität nicht mehr entspricht. Für das evolutionäre Überleben der Menschheit hat sich diese Form des Konstruktivismus als überlegen und erforderlich herausgestellt. V.V. Nalimov, hat hierzu ein Modell des Bewusstseins auf Basis der Analyse der Semantik menschlicher Sprachen entwickelt, das ebenfalls die Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion aus der Quantenphysik verwendet. Gleichzeitig führt diese evolutionäre Form der Bewusstseinsbildung aber auch zu massiven Problemen (z.B. Mord, Kriege, verschiedene Ethiken usw.).

Diese extremen Formen des Verhaltens auf Basis des 3. Nen findet man eingeschränkt auch bei einigen Tierarten wie bei Schimpansen. In 2016 wurden die Ergebnisse einer über 20-jährigen Beobachtung einer größeren Schimpansenhorde aus Ngogo im Kibale-Nationalpark in Uganda in einem Dokumentarfilm ("Kampf der Kriegeraffen" bzw. "Rise of the Warrior Apes") unter der Leitung des Anthropologen David Watts festgehalten. Gezeigt werden kriegerische Überfälle auf fremde Affenhorden, Änderung des Sozialverhaltens bei Wachstum der Anzahl der Gruppenmitglieder, Schwarmverhalten von Mitgliedern unter der Leitung eines Oberhaupts ähnlich wie bei Soldaten einer menschlichen Infanterie.

Die Diagramme mit den Drei Nen enthalten aber an dieser Stelle noch nicht den Aspekt von Emotionen. Auch die Aspekte von Spontaneität und Impulsivität gilt es genauer zu betrachten.

Nach Chögyam Trungpa beginnen sich Emotionen ausgehend von den 3 Basisemotionen zu bilden, wobei sie beim weiteren zeitlichen Ablauf der Skandha dann im 5. Skandha bewusst erkannt werden können. Während man Schmerzen bei ihrer Wahrnehmung gedanklich bewusst eine Räumlichkeit zuordnen kann (den Ort des Schmerzes), erscheint eine Emotion eher wie ein Geisteszustand, der zu einem Einfluss auf das Denken und Verhalten führt. Im Buddhismus werden Emotionen, die ausgehend von den 3 Basisemotionen während der weiteren Bewusstwerdung erfahrbar werden können von Tengar Rinpoche als Geistesgifte (z.B. Zorn, Eifersucht) bezeichnet, die allerdings mit Gedanken gleichgesetzt werden. Somit kann man diese Geistesgifte direkt in die Modelle der 3 Nen bzw. der 5 Skandha integrieren, indem man sie wie Sinneserfahrungen (1. Nen) behandelt, die Teil der Gedanken (2. Nen) und des selbst-erkennenden selbst reflektiven Bewusstseins (3. Nen) werden. Chögyam Trungpa sieht bei der Sichtweise aus dem Tantra die Verknüpfung aller Emotionen untereinander (z.B. Leidenschaft mit Aggression, Aggression mit Ignoranz, Ignoranz mit Neid, usw.) als Teil des tantrischen Mandala und damit als Verbindung zu der Art und Weise, wie man sich mit den Emotionen auseinandersetzen kann.

Hinsichtlich des Aspekts von Impulsivität und Spontaneität schreibt James Low, wie Gedankenimpulse von spontan auftretenden Gedanken unterschieden werden können:

  • Es gibt einen großen Unterschied zwischen einem Impuls, der nichts anderes als das Befolgen alter gewohnheitsmäßiger Tendenzen ist und einem völligen Spontan-Sein im Augenblick. Um einem Impuls zu erlauben aufzukommen, Besitz von uns zu ergreifen und uns völlig zu beherrschen, müssen wir zunächst in unseren Gedanken kollabiert sein.

  • Jeder Gedanke, der kommt, bietet eine Gelegenheit, die Beziehung zwischen dem Gedanken und seinem Grund zu sehen. Mit der Zeit werden wir die Spontaneität der Selbst-Befriedung dieser Gedanken sehen, das heißt, ihre Intensität wird abnehmen. Es handelt sich jedoch nicht um die Intensität ihrer energetischen Form, sondern um die Intensität, mit der sie uns zu packen scheinen.

  • Der entscheidende Unterschied zwischen Spontan-Sein und karmisch Verwickelt-Sein liegt darin, dass mit letzteren eine Menge inneren Kommentars einhergeht.

Daraus resultiert laut James Low, dass spontane Gedanken somit Teil der Bewusstheit sind, die in sich selbst als Stille ruht, und Teil der Bewusstheit, die ihre eigene Energie als Bewegung enthüllt.

Aus Sicht der Quantenphysik entsteht nach H. Dieter Zeh durch einen Quantenmessprozess ein Kollaps eines kohärenten "Gebildes" mit seiner nicht-lokalen Wellenfunktion, der zu Dekohärenz des kohärenten Gebildes führt, das damit dann den herkömmlichen, klassischen Gesetzen der Physik unterliegt. Übertragen auf die von Ralf Otte eingeführten Felder entspräche dem kohärenten Gebilde das Möglichkeitsfeld bzw. der Dharmakaya. Demjenigen Teil der Transformationsfunktion, der dem Samboghakaya zugeordnet werden kann, sowie die virtuellen Beobachtungsfelder - dem materiell erscheinenden Nirmanakaya -, entspräche den dekohärenten messbaren Gebilden. Die von Ralf Otte beschriebenen Transformationen von den Möglichkeitsfeldern zu den Beobachtungsfeldern entsprechen dem Bewusstwerdungsvorgang bei Denkprozessen (siehe auch Abschnitt 8 - "Attraktoren und Entscheidungsfreiheit"), die sich durch die Drei Nen modellieren lassen. Ob sich die Prozesse spontaner und impulsiver Gedanken ebenfalls durch die bestehende 1-dimensionale hyerkomplexe Transformationsfunktion abbilden lassen, bleibt zurzeit offen.

In den Hauptabschnitten dieses Textes wurde mehrfach darauf hingewiesen, dass keine eindeutigen Aussagen zur Zeitschiene in Bezug auf den Iterationsprozess der Transformationsfunktion bestehen. Chögyam Trungpa nennt die Anordnung von Zeitbegriffen beim Ablauf der 5 Skandha, die Teil der Drei Nen sind, als grob und stufenweise. Beim Gedankenprozess unterscheidet er zwischen den üblicherweise plötzlichen Impulsen, die dem hier beschriebenen Kollaps bei der Iterationsfunktion entsprechen und zu einer neuen Iterationsfolge im Möglichkeitsfeld führen, und einem fließenden Gedankenprozess, der durch Meditationstechniken erlernt werden kann. Bei diesem fließenden Gedankenprozess wird zwar ebenfalls jeweils eine neue Iterationsfolge eingeleitet, diese sollte sich aber von den Iterationen mit impulsiven Abläufen dadurch unterscheiden, dass sie höhere Ähnlichkeiten im Hinblick auf ihre Nachbarschaftsbeziehungen im Sinne von Schwarmregeln aufweist und als Folge der von James Low beschriebenen Selbst-Befriedung der Gedanken mit ihrer abnehmenden Intensität beim Bewusstwerdungsprozess zu einer geringeren Zahl von 2. und 3. Nen führt.

Die folgenden 2 Diagramme zeigen je ein Beispiel für eine nach 17 Iterationen endende Folge, bei denen im ersten Beispiel nach einem Kollaps Ähnlichkeiten für den Startwert der nachfolgenden Iteration bestehen, so dass eine impulsive Gedenkenfolge mit ähnlichen Inhalten erwartet werden kann. Das 2. Beispiel könnte dagegen auf einen fließenden Gedankenprozess mit verringerter Impulsivität hinweisen. Beispiele zu weiteren Veränderungen von Trajektorien siehe auch Abschnitt 9 - "Bewusstwerdung")

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Das Diagramm in Bild 1 zeigt eine wenig veränderliche Trajektorie, bei der der Startwert (weißer Punkt) und der Endwert (roter Punkt) und auch alle Zwischenwerte (graue Punkte) relativ eng beieinander liegen, so dass eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass nach einem Kollaps auf einem dieser Punkte eine neue Iterationsfolge wiederum mit ähnlichen Werten beginnen kann. Dies sollte dann einer impulshaften Gedankenfolge entsprechen, bei der sich ähnliche Gedanken als kreisende Gedanken wiederholen.

Im Gegensatz dazu zeigt das 2. Diagramm weit auseinanderliegende Punkte, die zwar die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass nach einem Kollaps eine neue Iterationsfolge beginnt, die weniger Symmetrien aufweist und auch von der Vorgängertrajektorie eher erheblich abweichen kann. Start-, Endwert und alle Zwischenwerte dieser Trajektorie liegen aber im Grenzbereich zwischen messbaren Werten (Schwarz- und Rottöne) und nicht messbaren Werten (Grüntöne). Dieser Randbereich stellt mathematisch die eigentliche Julia-Menge dar; die Menge aller Punkte innerhalb dieses Randbereichs (Fläche mit schwarz und roter Färbung) stellt das Gebiet mit messbaren Werten dar und wird mit Julia-Fläche bezeichnet. Es lässt sich vermuten, dass dieser Orbit im 2. Diagramm nahe der Julia-Menge Teil einer fließenden Gedankenkette mit geringer Impulsivität und wenigen Bezügen zum 2. und 3. Nen widerspiegelt.


Chögyam Trungpa beschreibt, wie durch Meditation Verwirrungszustände, die durch die zeitlich sich überlagernden 3 Nen ausgelöst werden, aufgelöst werden können. Während die sich überlagernden 3 Nen mit den damit verbundenen 5 Skandha zu impulsiven Gedanken und Handlungen führen, kann durch die Meditation eine Verlangsamung des Ablaufes herbeigeführt werden, so dass die Wahrnehmung die Skandha zeitlich besser auflösen kann. Dabei kann auch die Anzahl der wirksamen Rückbezüge zwischen den Drei Nen bestehend aus 1., 2. und 3. Nen reduziert werden. Im Extremfall wird der Ablauf der Drei Nen in eine einzelne Kette bestehend aus 1. Nen transformiert:

Kette 1. Nen

Bei dieser Form der Gedankenbildung und Auslösung von Handlungen ist das intellektuell-analysierende Bewusstsein inaktiv und es entstehen auch keine herkömmliche Gedanken. Es findet hierbei auch keine Beobachtung durch einen geistigen Beobachter mehr statt. Chögyam Trungpa bezeichnet diese Form des Denkens als "Denken-ohne-zu-denken" auf Basis einer eigenständigen Intelligenz. Katsuki Sekida beschreibt diesen Zustand als eine Form des absoluten Samadhi, in dem Zeit und Raum sowie Kausalverknüpfungen verschwinden. Es bleiben lediglich Nicht-Zeit, Nicht-Raum und Nicht-Verursachung; damit verbleibt nur noch eine Reihe von zeitlosen Ereignissen. Dies wird von Katsuki Sekida als Null-Stand des Bewusstsein bezeichnet, der reinsten Form des Daseins. Diese Kette der 1. Nen wird auch Ein-Äon-Nen genannt. Nach Beendigung des absoluten Samadhi beginnt eine Phase, die von Katsuki Sekida Jishu-Zammai genannt wird, bei der der Geist zu einem allumfassenden Gewahrsein wird, das auch als Kensho bezeichnet wird.

Es wird postuliert, dass diese Form des "Denkens-ohne-zu-denken" mit ihrer eigenen Intelligenz als Form einer Schwarmintelligenz im Möglichkeitsfeld angesehen werden kann.



Diese Form des "Denkens-ohne-zu-denken" erfolgt laut Chögyam Trungpa spontan auf Basis des Zufalls (khathor) auch in Übereinstimmung zu dem Modell Ralf Ottes. Erlernt werden kann diese Form des Denkens durch intensive Meditation nach den Regeln des Dzogchen (Atiyoga). Auch wenn Schwarmprozesse zu einer statistischen Bevorzugung einander ähnlicher spontaner Gedanken führen, die auf einer höheren Wahrscheinlichkeitsdichte im Möglichkeitsfeld begründet sind, so bleibt es dennoch bei einer spontanen Auswahl von Gedankeninhalten, die vom Zufall bestimmt sind.

Chögyam Trungpa weist aber auch darauf hin, dass diese Form des "Denkens-ohne-zu-denken" gelegentlich von Emotionen und herkömmlichen Gedanken unterbrochen werden kann. Das bedeutet, dass es im Modell von Katsuki Sekida neben der reinen Kette der 1. Nen auch zum vereinzelten Auftreten des 2. oder 3. Nen kommen kann, bevor erneut eine Kette mit 1. Nen auftritt, die wiederum spontan ausgelöst wird. Beim reinen Ablauf der Kette der 1. Nen werden dagegen intellektuelle Erwägungen, Bewertungen, Referenzpunkte, ... (eine Übersicht der entsprechenden geistigen Aktivitäten findet man bei Chögyam Trungpa) durch die inhärente, nicht-intellektuell analysierende Intelligenz in einen ruhigen Fluss frei von Neurosen und Bewertungen überführt. Als Konsequenz hieraus ergibt sich dann auch eine Auflösung/Transzendenz der 3 Kaya (Dharmakaya, Sambhogakaya und Nirmanakaya), die aus Sicht dieser Form der inhärenten Intelligenz nun als gedankliches Konzept zu sehen sind. Übertragen auf das Modell Ralf Ottes könnte dies bedeuten, dass es bei dieser speziellen Situation zwar zu Spiegelungen ausgehend vom Möglichkeitsfeld zum virtuellen Beobachtungsfeld entsprechend der von ihm kreierten Transformationsfunktion kommt, aber dass statistische Rückwirkungen vom virtuellen Beoachtungsfeld in das Möglichkeitsfeld nicht oder kaum mehr stattfinden. Bei H. Dieter Zeh entspricht dies einem kohärenten Zustand, der von außen nicht beobachtet wird. Allerdings hat Zeh nachgewiesen, dass dennoch Dekohärenz durch Einflüsse der Umgebung (z.B. durch instantane Quantensprünge oder andere stochastische Ereignisse) auftritt. Zu untersuchen bliebe die Frage, ob und welchen Einfluss Selektionen bei dem Prozess der spontanen Bildung von Gedanken und Handlungen in denjenigen Regionen haben, deren Wahrscheinlichkeitsdichte keine Beobachtung mehr zulässt; diese Regionen sind in den Diagrammen mit Wahrscheinlichkeitsdichten durch Grüntöne gefärbt (siehe auch Abschnitt 7 "Grenzwerte").

Ein Erweiterung der obigen Transition auf 30 Iterationen zeigt, dass bis zur 27. Iteration ein Orbit direkt an der eigentlichen Julia-Menge durchlaufen wird. Danach beginnt eine Folge von Fluchtpunkten. Nach Lama Anagarika Govinda erfolgt spätestens nach der 17. Schwingung eine neue Schwingungsfolge, bei der eine Gedanke neu aufsetzt. Bei der Kette der 1. Nen werden allerdings keine Gedanken in der sonst üblichen Verkettung der 3 Nen gebildet. Es ist daher zu vermuten, dass Ketten mit 3 Nen erheblich länger durchlaufen werden können also eine höhere Zahl von Iterationen zulassen sollte.

Über die genauen Prozesse, wie die spontane Form von Gedanken, Entscheidungen und Handlungen hervorgerufen werden, gibt es keine verlässlichen Aussagen. Nach buddhistischer Auffassung lässt die Leerheit des Dharmakaya keine Beobachtungen zu; dies könnte ein Hinweis darauf sein, dass es in den Diagrammen mit den Wahrscheinlichkeitsdichten im Möglichkeitsfeld in den nicht beobachtbaren Gebieten (grün markierte Flächen) zur Formung/Selektion von Gedanken, Entscheidungen und Handlungen im Unbewussten kommt. Denkbar ist auch, dass hierbei eine Spiegelung in die virtuellen Beobachtungsfelder durch eine andere Transformationsfunktion stattfindet, denn die Auswirkungen spontaner Gedanken, Entscheidungen und Handlungen sind wiederum beobachtbar.

Aus Sicht der Quantenphysik ergeben sich nach Brian Greene allerdings Ansätze durch Quantenfluktuationen und höherdimensionale Strings. Auf Größenordnungen unterhalb der Planck-Größe führen Fluktuationen dazu, dass die herkömmlichen Ordnungskriterien von Raum und Zeit, wie rechts, links, oben, unten und vorher, nachher nicht mehr gültig sind. Hieraus auf das Erscheinen von Gedanken, Entscheidungen und Handlungen zu schließen, ist derzeit möglicherweise noch verfrüht. Brian Greene sieht bisher auch keine Möglichkeit, aus Sicht der Quantentheorien einen eindeutigen Nachweis hinsichtlich einer Klärung der Entscheidungsfreiheit, des freien Willens zu erbringen (siehe auch Abschnitt 8 "Attraktoren und Entscheidungsfreiheit"). Andererseits liefert Brian Greene auch Argumente, die neben der Selektion von Gedanken usw. allein auf Basis von Wahrscheinlichkeiten auch noch auf weitere Einflüsse hinweisen, die zu ähnlichen Gedankenfolgen führen können. Zu nennen sind die zahlreichen Symmetrien, die in vielen (quanten)-physikalischen Gesetzen erkennbar sind. Das bedeutet, dass nach einem Kollaps eines Gedanken eine höhere Wahrscheinlichkeit einer Selektion eines ähnlichen Folgegedanken bestehen könnte als durch die ursprüngliche Wahrscheinlichkeitsdichteverteilung; die ursprüngliche Dichteverteilung führt dabei durch Änderung der bisherigen Störgröße c zu einer neuen Dichteverteilung, für die dann aber auch neue Selektionsmöglichkeiten bestehen. Dabei könnte es zu einer Selbstorganisation der Trajektorien kommen. Ob sich auch die gesamte Transistionsfunktion selbstständig ändert, wie in Abschnitt 8 "Attraktoren und Entscheidungsfreiheit" und im Abschnitt 9 "Bewusstwerdung" bei der Rückspiegelung angedeutet oder sogar alle Funktionsparameter ändern, bleibt dahingestellt.


Auch wenn beim Ablauf der Kette der 1. Nen in diesem Zustand des absoluten Samadhi keine Wahrnehmungen seitens eines Ich stattfinden, ist aber ein Gewahrsein (Rigpa) vorhanden. Tenzin Wangyal Rinpoche beschreibt drei veschiedene Arten von Gewahrsein:

Dabei gilt: Die Kette der 1. Nen entspricht der Verschmelzung des Gewahrseins des bewegten Geistes bsam rig mit dem uranfänglichen Gewahrsein ye rig analog zum Erleben des Dharmakaya. Aus der Interpretation von Dzogchen-Texten bezieht Herbert Guenther diese Differenzierungen ähnlich wie Chögyam Trungpa auf das Vorhandensein von zwei Arten von Intelligenz. Er schreibt hierzu:

Auf die rDzogs-chen Denker geht die interessante Beobachtung zurück, dass es zwei Arten von Intelligenz gibt: Die erste ist die Intelligenz, die das Sein an sich (und damit auch unsere eigene verkörperte Existenz, da wir ein integraler Bestandteil des Seins sind) durchdringt; die zweite ist eine Intelligenz, die als Rationalität eng mit dem Ich verbunden ist und deren Intensität als gering, mittelmäßig oder hoch messbar ist. Tibetisch heißen diese beiden Arten von Intelligenz rig-(pa) bzw. ma-rig-(pa). Die Ausdrücke sind schwer zu übersetzen, weil es sich um durchaus dynamische Begriffe handelt, die der unmittelbaren Erfahrung entnommen sind.

Der Ausdruck ma-rig-(pa) wird tibetisch erklärt als gleichbedeutend mit 'khrul-pa - "Irregehen, irrtümliche Identifizierung"; das zeigt, dass es sich hier keineswegs um Nichtwissen (wie es häufig übersetzt wird), d.h. um einen Mangel an Wissen handelt, sondern um die Feststellung, dass in der gegebenen Situation nicht das rig-(pa), "die überbewusste ekstatische Intensität", wirksam ist, sondern eine wesentlich herabgesetzte Intensität.


Im weiteren Verlauf seiner Erläuterungen beschreibt Herbert Guenther dann auch mittels Übersetzungen ausführlich, wie diese Begriffe zu verstehen sind. Das würde aber den Rahmen dieser Betrachtung hier sprengen.

Aus Sicht des Dzogchen können die 3 Kayas bei dem Wahrnehmungsakt der reinen Kette der 1. Nen transzendiert werden, ebenso wie die grundsätzliche Möglichkeit, Erleuchtung zu erlangen oder ein Buddha getrennt von anderen fühlenden Wesen zu werden. Was bleibt, ist dann ein unermesslicher und unzerstörbarer Raum der Erscheinungen (Dharmadhatu und Vajradhatu). Chögyam Trungpa schreibt hierzu in seinem Text zu Men-Ngag Gi De (die Charakteristik der mündlichen Instruktion):

Because maha ati's approach to reality is very simple and powerful, very direct and compassionate, it transcends the idea of becoming buddha. It transcends the dharmakaya and all the other kayas. it simply relates with what is known as vajradhatu or dharmadhatu. Vajra is "indesctructible", and dhatu is "realm"; so the dharmadhatu is "truth realm".

The idea of vajradhatu or dharmadhatu is that nothing can live or survive in relation to that kind of space, because vajradhatu exists always and ever. Therefore, this indescribable space transcends enlightenment or the attainment of enlightenment. Even the notion of becoming a dharmakaya buddha is primitive, because when you presonally become a dharmakaya buddha, or enlightenend, you become separate from ordinary sentient beings. But in this case, the whole thing is one: it is the vajradhatu level and the dharmakaya level at the same time.

... With men-ngag gi de, you are transcending strategizing and you are transcending using the intellect, even the highest intellect, as a way to understand this particular yana. And because of such hopelessness, the actual message comes to you right on the spot, like moxibustion.


Aus diesen Erläuterungen lässt sich ableiten, wo Unterschiede und Gemeinsamkeiten beim spontanen und impulsiven Denken bestehen. Ohne Meditationspraxis wird allerdings nur wenigen Menschen bewusst, wie sich das spontane Denken vom impulsiven Denken unterscheidet. Auch mit Meditationserfahrung kann es sehr lange dauern, ehe das spontane Denken und auch weitere Bewusstseinsqualitäten im eigenen Geist erfahrbar werden.